Europäische Energiepolitik – ein Blick voraus

Die Zusammensetzung des neuen EU-Parlaments kennen wir nun. Die Alternative für Deutschland ist dabei und Teil der ECR-Fraktion. Viele Fragen sind noch ungeklärt – besonders im Hinblick auf die Energie- und Klimapolitik. Spätestens 2015 muss das EU-Parlament über die neuen Ziele in der Energie- und Klimapolitik entscheiden, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben. Und vieles hängt davon ab, wer der neue Energiekommissar wird.

Seit der Verabschiedung des Energie- und Klimapakets im Dezember 2009 hat sich kaum etwas bewegt. Damals hat die EU dedizierte Einzelziele beschlossen. Bis 2020 sollen diese Ziele erreicht werden:

  • 20 % weniger Treibhausgasemissionen als 2005
  • 20 % Anteil an erneuerbaren Energien
  • 20 % mehr Energieeffizienz

Ich persönlich lehne solche Einzelziele ab. Es muss den Marktteilnehmern überlassen bleiben, wie sie ihren Strom erzeugen wollen. Und auch Stromverbraucher sollten keine restriktiven Einschnitte in ihre Entscheidungsfreiheit haben. Lediglich das Ziel, Treibhausgase in Europa zu reduzieren ist ein politisch zu rechtfertigendes Ziel. Mit dem Handel der Emissionszertifikate hat die EU ein bestehendes, marktkonformes Instrument. Allerdings ist das derzeit ein zahnloser Tiger. Auch durch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gibt es aktuell ein Überangebot an Emissionsrechten. Das drückt die Preise – mit dem Effekt, dass selbst die dreckisten, veralteten Kraftwerke wirtschaftlich arbeiten können. Das hilft niemandem.

Die Emissionsrechte müssten um den Faktor 5 bis 8, vielleicht sogar 10 im Preis anziehen, um ein wirksames Instrument zu sein. Allerdings ist es kein legitimes Ziel der Politik, hohe Preise für solche Zertifikate zu fordern. Aber deren Menge sollte deutlich reduziert werden – beispielsweise einher gehend mit dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien. Und eine deutliche Verknappung führt dann auch zu einer deutlichen Verteuerung der Zertifikate. Das regeln Angebot und Nachfrage.

Allerdings waren bisherige Ziele der Europäischen Kommission nicht besonders ambitioniert. Trotzdem verweigert Polen die Zustimmung.

In der Vergangenheit wollte das EU-Parlament stets ambitioniertere Ziele als die Kommission. Im Hinblick auf die 2030-Ziele, die es im kommenden Jahr in Brüssel zu verabschieden gilt, forderte das EU-Parlament in seiner ‚alten‘ Besetzung ein CO2-Reduktionsziel von 40% sowie bindende Werte für Energieeffizienz und einen Anteil erneuerbarer Energien von 30%. Ob sich dafür in der neuen Zusammensetzung immer noch Mehrheiten finden werden? Aber selbst wenn: Es ist fast normal, dass die EU-Kommission solche Resolutionen des EU-Parlaments einfach ignoriert.

In nationalen Parlamenten stimmen die Abgeordneten fast immer einvernehmlich mit ihrer Fraktion ab. Das ist im EU-Parlament nicht so stark ausgeprägt – ganz besonders nicht im Bereich der Energie- und Klimapolitik. So votierten etwa mit einer Ausnahme alle polnischen Abgeordneten gegen die Resolution zu den Klimazielen für 2030 – auch die Mitglieder der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D), die eigentlich die Resolution unterstützt. Oder auf Deutschland bezogen heisst das: Während die FDP in Deutschland für Klimaziele eintritt, stimmte die Hälfte der Abgeordneten (Liberale Fraktion) in Brüssel dagegen.

Die größte Fraktion, die europäische Volkspartei (EVP), betont in ihrem Programm die Notwendigkeit, gegen die Klimaerwärmung vorzugehen ohne viele Details darüber zu verlieren, wie das erreicht werden soll. Die zweitgrößte Fraktion, die europäischen Sozialisten (S&D) definieren in ihrem Wahl-Manifest vom März 2014 „weitergehende, verbindliche Zielwerte und verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien“. Darin schlagen sie vor allem „Projekt Bonds“ vor, die „sinnvolle Investitionen in Erneuerbare Energie und Erneuerbare Technik“ finanzieren sollen. Die ALDE definiert den Ausbau erneuerbarer Energien und die Dezentralisierung der Energieversorgung als Kernpunkte. Die Grünen positionieren sich als starke Opposition gegen Atomenergie und fordern ein CO2-Reduktionsziel von 60 Prozent. Allerdings sind die Grünen im neuen Parlament nur noch schwach vertreten. Dafür erhalten sie inhaltlich Unterstützung von der Europäischen Linken (GUE/NGL).

Und die ECR?

Für die ECR spielt die Energie- und Klimapolitik eine eher zweitrangige Rolle. Die ECR sieht die Notwendigkeit, kohlenstoffarme Energiequellen wie Erneuerbare, Atomenergie und Kohle mit CO2-Speicherung per CCS-Technik zu entwickeln.

Es wird sich erst noch zeigen müssen, welchen Einfluss die AfD als drittgrößte Gruppe innerhalb der ECR-Fraktion haben wird, die selbst wieder ’nur‘ drittgrößte Fraktion im EU-Parlament ist. Wird die AfD die ECR inspirieren oder wird sie durch die ECR inspiriert werden? Da keiner der entsandten AfD-Europaabgeordneten selbst ein Energiepolitiker ist, ist eher nicht zu erwarten, dass dieses Thema in der Fraktion vor allem durch die AfD getrieben wird. Ich werde das Geschehen in Brüssel weiterhin aufmerksam verfolgen.

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Über hpbrill

Ich bin politisch engagiert, aber parteilos. Mit meinen Beiträgen möchte ich inspirieren - vor allem, aber nicht nur in Frankfurt am Main. Ich bin Vorsitzender der Bürgerinitiative Demokratie Direkt und Herausgeber des Video-Blogs meinFrankfurt (auf YouTube und Facebook).

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